Kino verbindet

07.12.2016 CJD Neustadt « zur Übersicht

Das CJD Neustadt organisiert gemeinsam mit dem Roxy Kino das Projekt „Kino verbindet“. Schon zur ersten Veranstaltung am 28. November kamen mehr als 120 Besucher, 80 von ihnen waren junge Flüchtlinge. Ihr Eintritt wird über das Programm „Kultur macht stark“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der AG Kino Gilde in Berlin übernommen. Einmal im Monat kann eine Kinoveranstaltung für junge Geflüchtete organisiert und finanziert werden, die Filmreihe wird mindestens bis Ende 2017 laufen. Junge Geflüchtete und Einheimische können so gemeinsam Kino erleben und ins Gespräch kommen.

Am 28. November wurde „Tschick“ gezeigt, ein Film des deutsch-türkischen Regisseurs Fatih Akin. Die Vorstellung startete mit einer kurzen Einführung von Medien-Pädagoge Christoph Bautz, die in Arabisch und Dari übersetzt wurde. Vor dem Filmstart bat Bautz die Zuschauer, sich zu merken, was sie besonders lustig oder fragwürdig finden. Nach dem Film halfen Sprachvermittler für Arabisch, Dari, Deutsch und Englisch dabei, miteinander zu diskutieren.

Der Film in Kürze: Maik und Tschick, zwei 14-jährige Jungen aus Berlin, wollen aus ihrer trostlosen Welt weg und in einem „geborgten“ Lada Tschicks Großvater besuchen. In der spannenden Handlung werden, ganz nebenbei, auch die typischen Feindbilder und Ängste islamischer Fundamentalisten oder Rechtsextremer aufgegriffen – und von den beiden Hauptdarstellern als unsinnig entlarvt. Tschick ist zwar Russe, hält sich aber für einen „jüdischen Zigeuner“ und ist schwul, Maiks Mutter ist Alkoholikerin. Starker Tobak für Muslime, sollte man glauben, aber alle Jugendlichen äußerten sich positiv über den Film, lediglich dass Maik und Tschick einmal Essen wegwerfen, wurde kritisiert.

Christoph Bautz und seine beiden Übersetzer, darunter auch Ali Moussa, der in Kunstprojekten des CJD Neustadt aktiv ist, moderierten die Diskussion und schufen so von Anfang an eine lebendige, aber respektvolle Atmosphäre. Die jungen Flüchtlinge beteiligten sich rege an der Diskussion und lieferten beindruckend tiefgehende Analysen: „Es geht hier um die soziale Kälte und um den Ausbruch daraus.“, „Die Schere zwischen arm und reich wird immer größer und dabei sehen viele Menschen nur das Äußere, interessieren sich aber gar nicht für das Innere.“ und „Wie Maik vor der Klasse von seiner Mutter spricht, und keiner nimmt ihn ernst, das war schlimm.“

Über die nächsten Filme entscheiden die Zuschauer. Es wurden Trailer von drei Filmen vorgestellt, die Übersetzer erklärten, worum es geht.

Das Abstimmungsergebnis war eindeutig: Am 13. Dezember wird er Film „Bekas“ gezeigt, für den sich zwei Drittel entschieden hatten. Das kurdische Filmdrama handelt von zwei Kriegswaisen, die versuchen, während der Herrschaft von Saddam Hussein nach Amerika zu fliehen. Deutlich weniger Zuschauer wollten den aktuellen Science-Fiction-Film „Arrival“ sehen, „Das Wunder von Bern“ bekam nur eine Stimme.

Nach dem Kino standen im Foyer geflüchtete und deutsche Jugendliche noch lange in kleinen Gruppen beieinander und diskutierten – Ziel eindeutig erreicht!